Mittwoch, 31. Mai 2017

Welche Eindrücke gewinnt die Bundesregierung angesichts der eingegangenen Stellungsnahmen zum Kleinanlegerschutzgesetz für den Bereich Crowdfunding, und welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus?

Antwort der Bundesregierung:

Auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Nicole Maisch, Dr. Gerhard Schick, Renate Künast, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/11317 –

Die Stellungnahmen, die im Rahmen des Konsultationsverfahrens zur Evaluation des Kleinanlegerschutzgesetzes eingegangen sind, zeigen aus Sicht der Bundregierung, dass die durch das Kleinanlegerschutzgesetz für den Bereich Crowdfunding getroffenen Regelungen im Wesentlichen einen sachgerechten Kompromiss darstellen zwischen notwendigem Anlegerschutz auf der einen Seite und Erleichterungen für die Finanzierung von jungen Wachstumsunternehmen über Crowdinvesting- Plattformen im Internet auf der anderen Seite. Im Evaluierungsbericht kommt die Bundesregierung unter Berücksichtigung der Erkenntnisse des Konsultationsverfahrens und der beiden Studien, die im Auftrag der Bundesregierung ebenfalls zur Evaluierung des Kleinanlegerschutzgesetzes durchgeführt wurden, zu folgenden Schlussfolgerungen:

Wie wird aus Sicht der Bundesregierung sichergestellt, dass im Fall einer Anhebung der angestrebten Finanzierungssumme das Investitionsziel nicht verwässert wird und dabei zudem der Zweck des neuen Mittelbedarfs im Verborgenen bleibt?

Antwort der Bundesregierung:

Auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Nicole Maisch, Dr. Gerhard Schick, Renate Künast, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/11317 –

Es gelten die allgemeinen zivilrechtlichen und gesellschaftsrechtlichen Regelungen, die in ihrem Regelungsbereich ausreichende Schutzmechanismen vorsehen.



 - Kleine Anfrage - Drucksache 18/11317
– Entwicklung und Verbraucherschutz beim Crowdfunding

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Wie wird aus Sicht der Bundesregierung verhindert, dass im Fall einer positiven Entwicklung des Projekts Anlegerinnen und Anleger beispielsweise durch einen so genannten Ankerinvestor leicht aus dem Projekt gedrängt werden können?

Antwort der Bundesregierung:

Auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Nicole Maisch, Dr. Gerhard Schick, Renate Künast, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/11317 –

Es gelten die allgemeinen zivilrechtlichen und gesellschaftsrechtlichen Regelungen, die in ihrem Regelungsbereich ausreichende Schutzmechanismen vorsehen.




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– Entwicklung und Verbraucherschutz beim Crowdfunding

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Wie erklärt sich die absolute Investitionsobergrenze von genau 10 000 Euro pro Projekt für Anlegerinnen und Anleger beim Crowdfunding? Ist hier eine Neuregelung zum Beispiel in Form einer einkommens- oder vermögensabhängigen Obergrenze aus Sicht der Bundesregierung denkbar, und wenn ja, wie wäre diese konkret zu gestalten?

Antwort der Bundesregierung:

Auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Nicole Maisch, Dr. Gerhard Schick, Renate Künast, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/11317 –

In § 2a Absatz 3 Nummer 2, 3 VermAnlG wurde als maximale Obergrenze für
den Gesamtbetrag der Vermögensanlagen desselben Emittenten, die von einem
Anleger erworben werden können, ein Betrag von 10 000 Euro festgelegt, um
dem Entstehen von Klumpenrisiken sowohl beim Anleger als auch beim Emittenten
vorzubeugen.

Aus Sicht der Bundesregierung ist eine Änderung dieser Regelung derzeit nicht angezeigt.



 - Kleine Anfrage - Drucksache 18/11317
– Entwicklung und Verbraucherschutz beim Crowdfunding

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Welche Maßnahmen im Vertrieb gelten heute, um sicherzustellen, dass über dieses Verfahren hinaus nur entsprechend risikobereite Anleger, die diese Risiken auch tragen können, sich für eine solche Investition entscheiden?

Antwort der Bundesregierung:

Auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Nicole Maisch, Dr. Gerhard Schick, Renate Künast, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/11317 –

Im Rahmen des § 34f Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 GewO wird dies über die Regelungen des 4. Abschnitts der FinVermV entsprechend vorgegeben. § 13 Fin- VermV schreibt beispielsweise vor, dass Anleger über Risiken, Kosten, Nebenkosten und Interessenkonflikte vor Abschluss des Geschäftes von dem Gewerbetreibenden aufgeklärt werden müssen.

Inwiefern sieht die Bundesregierung die Selbstauskunftsverfahren für Anlegerinnen und Anleger auf den Plattformen verbraucherschutzfreundlich umgesetzt?

Antwort der Bundesregierung:

Auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Nicole Maisch, Dr. Gerhard Schick, Renate Künast, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/11317 –

Das Selbstauskunftsverfahren für Anlegerinnen und Anleger ist in § 16 Fin- VermV umgesetzt. Es sieht zum Zwecke des Verbraucherschutzes u. a. vor, dass der Anlagevermittler Finanzanlagen nur an Anleger empfehlen darf, von denen er die gesetzlich geforderte Selbstauskunft erhalten hat.

Inwiefern diese Vorschriften ihr verbraucherschützendes Ziel erreichen, lässt sich aber erst endgültig beurteilen, wenn die nach § 24 Absatz 1 FinVermV vorgesehenen Prüfungsberichte für das Jahr 2016 vorliegen, die bis spätestens 31. Dezember 2017 bei der zuständigen Behörde einzureichen sind.




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– Entwicklung und Verbraucherschutz beim Crowdfunding

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Sieht es die Bundesregierung insbesondere bei Anlagenvermittlern außerhalb des Kleinanlegerschutzgesetzes als gewährleistet an, dass den Anlegerinnen und Anlegern ausreichende Informationen für eine Investitionsentscheidung vorliegen, beispielsweise hinsichtlich potenzieller Interessenskonflikte, Dienstleistungs- und Produktkosten sowie Zuwendungen (Antwort bitte ausführen)? Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, ob Anlegerinnen und Anleger die Risiken bei Crowdfunding richtig einschätzen können, und wenn ja, welche?

Für die Vermittlung von Finanzinstrumenten außerhalb des Vermögensanlagengesetzes (z. B. offene Fondsanteile und Anteile an alternativen Investmentfonds nach KAGB) gelten in Bezug auf die Verhaltens- und Offenlegungspflichten der Vermittler nach § 34f Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 GewO für ihre Vermittlung – auch über Internetseiten – ebenfalls die Vorgaben der Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV).

Hierbei handelt es sich allerdings nicht um Crowdfunding oder Crowdinvesting i. S. d. § 2a VermAnlG. Insgesamt gelten für alle Vermittler gem. § 34f Absatz 1 Nummer 1 bis 3 GewO die Regelungen des 4. Abschnitts der FinVermV zur Kundenaufklärung und Exploration. In Bezug auf gebundene Agenten gelten die Explorations- und Aufklärungspflichten des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG). Gem. § 31d WpHG müssen insbesondere Zuwendungen veröffentlicht werden. Dies erfolgt im Vermögensanlagen-Informationsblatt und teilweise auch auf der Homepage der Plattform.

Inwiefern haften die Plattformbetreiber für die Qualitätsprüfung der Projekte? Bestehen aus Sicht der Bundesregierung bei den Plattformbetreibern Interessenskonflikte, da sie möglichst viele Darlehensverträge verwalten wollen, um dafür Provisionen zu erhalten und den Verbraucherinnen und Verbrauchern ein attraktives Portfolio hinsichtlich erwarteter Rendite und Risiko zur Verfügung stellen wollen?

Antwort der Bundesregierung:

Auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Nicole Maisch, Dr. Gerhard Schick, Renate Künast, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/11317 –

Die Plattformbetreiber haften nach allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften. Über mögliche Interessenkonflikte, die daraus resultieren, dass Plattformbetreiber möglichst viele Investments verwalten wollen, hat die Bundesregierung keine Kenntnis. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 13 verwiesen.



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Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die von Plattformanbietern oftmals beworbene, vorgenommene Beurteilung des Risikogehaltes von Anlagen fachgerecht erfolgt, oder gibt es hier Fälle, bei denen Missstände identifiziert wurden (Antwort bitte ausführen)? Wie wird aus Sicht der Bundesregierung sichergestellt, dass die Plattformbetreiber über die entsprechende Fachkenntnis verfügen?

Der Bundesregierung sind keine Fälle bekannt, wonach der Risikogehalt von Anlagen von den Plattformanbietern nicht fachgerecht beurteilt wurde.

Die meisten Crowdinvesting-Plattformen werden von den Industrie- und Handelskammern bzw. unteren Verwaltungsbehörden der Länder beaufsichtigt, da die Plattformen über eine Erlaubnis nach § 34f Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 GewO verfügen. Diese Stellen sind für die Beurteilung der Geeignetheit (z. B. Vorliegen von Fachkenntnissen bei den Plattformbetreibern) zuständig.

Die Fachkenntnisse bei den gebundenen Vermittlern werden von der BaFin insoweit geprüft, als dass das Haftungsdach gemäß § 25e KWG für die fachliche Eignung und die Zuverlässigkeit verantwortlich ist. Dabei beziehen sich diese Fachkenntnisse grundsätzlich auf die Finanzdienstleistung und nicht auf die einzelnen Projekte.



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– Entwicklung und Verbraucherschutz beim Crowdfunding

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Ist es ein Anliegen der Bundesregierung, sich auf europäischer Ebene für eine Art „Europäischen Pass“ im Bereich Crowdfunding einzusetzen, um die Regelungen zu harmonisieren? Welche Anstrengungen unternimmt die Bundesregierung dahingehend, und wie könnte aus Sicht der Bundesregierung eine sinnvolle Regulierungslösung aussehen?

Antwort der Bundesregierung:

Auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Nicole Maisch, Dr. Gerhard Schick, Renate Künast, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/11317 –

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Möglichkeit eines Europäischen Passes nur für Bereiche existiert, die europaweit entsprechend harmonisiert sind. Die europäische Prospekt-Verordnung sieht bestimmte Erleichterungen von der allgemeinen Prospektpflicht vor, die gegebenenfalls auch für Crowdfunding genutzt werden können.

Derzeit werden auf europäischer Ebene keine konkreten Regelungsvorhaben diskutiert, um im Bereich Crowdinvesting eine stärkere Harmonisierung zu erreichen. Entsprechenden Vorschlägen stünde die Bundesregierung grundsätzlich offen gegenüber.



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– Entwicklung und Verbraucherschutz beim Crowdfunding

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Können nach Auffassung der Bundesregierung Anlagen wegen des deutschen Sonderwegs im europäischen Ausland schlechter vertrieben werden? Wie sieht die Bundesregierung die europäische Regulierungsperspektive, und welche Maßnahmen plant die Bundesregierung auch vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen zur so genannten Kapitalmarktunion?

Antwort der Bundesregierung:

Auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Nicole Maisch, Dr. Gerhard Schick, Renate Künast, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/11317 –

Zum Vertrieb deutscher Vermögensanlagen im Ausland liegen der Bundesregierung keine Daten vor. Wegen der unterschiedlichen Regelungsansätze der einzelnen Mitgliedstaaten im Bereich Crowdfunding lässt sich auch nicht von einem „deutschen Sonderweg“ sprechen, der von einem ansonsten einheitlichen Regelungsansatz in den übrigen Mitgliedstaaten abweichen würde.

Klarstellend ist zudem darauf hinzuweisen, dass Anlageprodukte, die in Deutschland unter die Voraussetzungen des VermAnlG fallen, aufgrund nationalen Rechts oder einseitigen nationalen Maßnahmen nicht für einen europaweiten Vertrieb zugelassen werden können, da insoweit keine Möglichkeit eines EU-Passes existiert.

Die in der Presserklärung des Rates zur Kapitalmarktunion beschriebene Einigung zwischen dem Rat und dem Europäischen Parlament zur neuen europäischen Prospekt-Verordnung wird von der Bundesregierung begrüßt. Die Bundesregierung beabsichtigt, die Vorgaben des geänderten EU-Prospektrechts fristgemäß im deutschen Recht zu verankern (s. Antwort zu Frage 19).




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Gibt es nach Auffassung der Bundesregierung ein zunehmendes Bestreben ausländischer Portale, auf den deutschen Markt zu drängen (bitte ggf. und soweit möglich mit konkretem Zahlenmaterial belegen)? Liegen die Wachstumsraten größerer, ausländischer Plattformen nach Kenntnis der Bundesregierung über denen ihrer deutschen Konkurrenten, und wenn ja, warum?

Laut der Studie zu den Praxiserfahrungen mit den Befreiungsvorschriften (s. Vorbemerkungen) lässt sich kein zunehmendes Bestreben ausländischer Portale auf den deutschen Markt zu drängen feststellen. Dies unterstützen die Erkenntnisse der BaFin, wonach lediglich in vier Fällen öffentliche Angebote in Deutschland über Plattformen, welche von (deutschen) Tochterunternehmen oder Zweigniederlassungen österreichischer Unternehmen betrieben werden, erfolgten.

Zu den angefragten Wachstumsraten liegen der Bundesregierung keine Daten vor.





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Welche Anteilsarten dürfen in anderen europäischen Ländern beim Crowdfunding ohne Prospektpflicht bis zu einer bestimmten Finanzierungsschwelle vertrieben werden? Aus welchen Gründen wird dies jeweils in Deutschland anders gehandhabt?

Die zum Teil unterschiedlichen Regelungen zum Crowdfunding in den Mitgliedstaaten sind das Ergebnis unterschiedlicher wirtschaftlicher Rahmenbedingungen in diesen Ländern. Die jeweiligen Regelungssysteme sind in dem Arbeitsdokument der EU-Kommission (SWD(2016) 154 final, S. 34 ff., abrufbar unter: http://ec.europa.eu/transparency/regdoc/rep/10102/2016/EN/10102-2016-154-EN-F1-.PDF) zusammengefasst dargestellt.

Das mit dem Kleinanlegeschutzgesetz entwickelte Regelungsregime zum Crowdfunding in Deutschland stellt einen sinnvollen Ausgleich zwischen der Deckung des Finanzierungsbedarfs junger Wachstumsunternehmen und einem effektiven Anlegerschutz dar.




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Wie betrachtet die Bundesregierung die Forderung des Bundesverbands Crowdfunding nach der Einführung einer „Aktiengesellschaft Light“? Welche Gründe sprechen aus Sicht der Bundesregierung für ein solches Instrument, und welche dagegen?

Die Bundesregierung sieht zurzeit keinen Anlass für die gesetzliche Einführung einer „Aktiengesellschaft light“. Zum einen ist die Aktiengesellschaft auch unter den bestehenden gesetzlichen Rahmenbedingungen schon eine für junge Wachstumsunternehmen attraktive Rechtsform.

Denn das Aktienrecht wurde in der Vergangenheit bereits mehrfach geändert, um die regulatorischen Anforderungen bei kleineren Aktiengesellschaften zu reduzieren. Dabei wurden beispielsweise die Möglichkeit der Einpersonengründung einer AG geschaffen und Erleichterungen bei den Vorschriften über die Vorbereitung und den Ablauf der Hauptversammlung eingeführt, die bei nichtbörsennotierten Gesellschaften häufig ohne Mitwirkung eines Notars durchgeführt werden kann und an denen Aktionäre im Wege elektronischer Kommunikation teilnehmen können.

Zum anderen dient die kritisierte Satzungsstrenge bei der AG dem Gläubigerschutz und der Reduktion von Transaktionskosten beim Handel der Aktien. 

Dieses sorgfältig austarierte Maß an Standardisierung dient ebenso der Verbesserung der Verkehrsfähigkeit der Aktien wie die Tatsache, dass ihre Übertragung nicht formgebunden ist, also etwa keinem Beurkundungserfordernis unterliegt.

Viele in der Rechtsform der GmbH oder Unternehmergesellschaft (UG haftungsbeschränkt) bestehende Startup-Unternehmen verfügen zudem über eine Corporate Governance Struktur, die mit den gesetzlichen Anforderungen des Aktienrechts vergleichbar ist. Der für die Aktiengesellschaft vorgeschriebene Aufsichtsrat wird beispielsweise in ähnlicher Weise auch bei den Startup-Unternehmen eingerichtet, um Investoren entsprechende Einflussnahmemöglichkeiten zu gewähren.




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Wäre es aus Sicht der Bundesregierung im Sinne des Verbraucherschutzes und der Wirtschaftsförderung begrüßenswert, soweit man Ausnahmen grundsätzlich will, wenn nicht nur die Ausgabe von Nachrangdarlehen und partiarischen Darlehen ohne Prospektpflicht möglich ist, sondern man beispielweise mit einer Investition auch einen Anteil am Eigenkapital erwirbt?

Zunächst weist die Bundesregierung darauf hin, dass das bestehende Recht zum Erwerb von Eigenkapital durch Unternehmensbeteiligungen mit dem Recht der Personengesellschaften und dem Recht der Kapitalgesellschaften bereits umfangreiche Möglichkeiten bereithält.

Werden in Wertpapieren verbriefte Anlageformen wie Aktien oder Anleihen öffentlich angeboten, sind die europäisch harmonisierten Vorgaben des Prospektrechts, insbesondere des Wertpapierprospektgesetzes (WpPG) zu beachten, die einen hohen Anlegerschutz gewährleisten.

Als Grundsatz sollte aus Sicht der Bundesregierung dieser hohe Standard bei dem öffentlichen Angebot von Wertpapieren einheitlich bestehen bleiben. Hinsichtlich der Prospektpflicht bei der Ausgabe von Aktien und Anleihen ist jedoch darauf hinzuweisen, dass das europäische Prospektrecht derzeit novelliert wird und in der Prospekt-Verordnung vorgesehen ist, dass Wertpapiere innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten künftig bis zu einer Obergrenze von 1 Mio. Euro prospektfrei öffentlich angeboten werden können.

Insoweit könnte zu erwägen sein, dieses Ergebnis vorwegzunehmen, so dass Crowdinvesting-Plattformen, demnächst auch Anleihen und Aktien bis zu 1 Mio. Euro prospektfrei anbieten dürften (s. Antwort auf Frage 34).




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Welche Handlungsschritte plant die Bundesregierung wegen der EU-Verordnung zu Prospektvorschriften zu unternehmen?

Antwort der Bundesregierung:

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Die Bundesregierung beabsichtigt, die Vorgaben des geänderten EU-Prospektrechts fristgemäß im deutschen Recht zu verankern.




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Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, bei denen Unternehmen die Ausnahmeregelungen von der Prospektpflicht zu ihren Zwecken missbraucht haben und dadurch die Prospektpflicht umgangen haben? Was unternimmt die Bundesregierung dagegen?

Der Bundesregierung sind keine Fälle bekannt, in denen die Ausnahmeregelungen von der Prospektpflicht missbraucht wurden. Im Rahmen der Aufsichtstätigkeit der BaFin kommt es jedoch vor, dass Anbieter sich auf eine Ausnahmeregelung des VermAnlG berufen, obwohl diese nicht einschlägig ist. In diesem Fall untersagt die BaFin nach entsprechender Prüfung das öffentliche Angebot dieses Anbieters.

Im Evaluierungsbericht (s. Vorbemerkungen) schlägt die Bundesregierung darüber hinaus vor, die Befreiungsvorschrift in § 2a VermAnlG zu ändern, um potentielle Umgehungsmöglichkeiten bezüglich des Gesamtemissionsvolumens eines Emittenten unter Einschaltung mehrerer Anbieter zu adressieren (s. Antwort zu Frage 34).




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Warum wird in Deutschland der Sonderweg gegangen, dass nur die Ausgabe von Nachrangdarlehen und partiarischen Darlehen ohne Prospektpflicht bis zu einer gewissen Grenze möglich ist? Welche Aspekte rechtfertigen die Sonderstellung dieser beiden Anlageformen?

Antwort der Bundesregierung:

Auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Nicole Maisch, Dr. Gerhard Schick, Renate Künast, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/11317 –

Durch das Kleinanlegerschutzgesetz wurde die Prospektpflicht auf Nachrangdarlehen und partiarische Darlehen gesetzlich erweitert, um auf verschiedene Ereignisse zu reagieren, durch die das Vertrauen von Anlegern in verschiedene öffentlich angebotene Finanzprodukte des sogenannten „Grauen Kapitalmarkts“ stark beeinträchtigt worden sind (vgl.: Entwurf eines Kleinanlegerschutzgesetzes Bundestagsdrucksache 18/3994).

Zugleich sollte aber auch die Finanzierungsform des Crowdinvestments, die vor allem über prospektfreie Nachrangdarlehen und partiarische Darlehen erfolgte, nicht beeinträchtigt werden. Aus diesem Grund wurden Befreiungsvorschriften von der Prospektpflicht für Schwarmfinanzierungen mittels Nachrangdarlehen und partiarischen Darlehen erlassen.

Eine eventuelle Erweiterung des Anwendungsbereichs der Befreiungsvorschriften bleibt der Prüfung im Rahmen der durchgeführten Evaluation vorbehalten.



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